Who is afraid of red, yellow and blue?

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Curated by:

Catharina de Rijke

Die niederländische Stadt Delft, in der Catharina de Rijke einen Teil ihres Studiums absolvierte, war im 17. und 18. Jahrhundert über die Grenzen hinaus für ihre weiß-blauen Fayence-Produkte bekannt. Unter Fayence versteht man eine Keramik, deren rötlicher oder grauer Ton durch eine weiße Zinnglasur verdeckt ist. Eine besondere Spezialität der Delfter waren hierbei die Fliesen, die zur Innendekoration der gehobenen niederländischen Wohnkultur gehörten. Als Vorbild für die Dekoration der Keramiken diente chinesisches Porzellan. Man versuchte dieses, da es in Europa erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts nacherfunden wurde, mit weißer Glasur und blauer Farbe nachzuahmen. Eine Besonderheit der Motive stellten die so genannten Eckmotive dar. Sie erlauben es, beim Zusammenführen der Fliesen zu Tableaus weitere Ornamente in einer Art Kleeblatttechnik zu erzielen.

In einer früheren Installation setzte Catharina de Rijke Scherben von traditionellen Delfter Fliesen ein, aktuell entstand nun eine Serie von sieben Gemälden, die diese Scherben und Fragmente als Inspirationsquelle haben. Die Kompositionen mit dem Übertitel »Delfts Blau« haben kein quadratisches sondern ein rechteckiges Format und sind in einer komplexen Mischtechnik ausgeführt – flüssige und trockene Farbmittel, Malerei und Monotypie kamen zum Einsatz, so dass teilweise eine räumliche Tiefenwirkung entsteht. Anders als ihre kleinen keramischen Schwestern, die figürliche oder ornamentale Darstellungen besitzen, bewegen sich die Gemälde in einer Art Grauzone zwischen figürlich und abstrakt – es können im Auge des Betrachters auch Figuren entstehen. Sehr spannend an der Serie ist, dass die Gemälde unterschiedlich zusammengestellt werden können. Dies stellt eine Erweiterung der Anlage der Fliesentableaus mit ihren aufeinander bezogenen Eckmotiven dar. Verschiedene Werke passen also ihrer Bildanlage nach zusammen – jedoch ohne dass die Künstlerin dies bewusst gesteuert hat. Der feste Rapport der traditionellen Fliesen weicht hier einem freien, assoziativen Zugang.

Um das Nachspüren und Aktualisieren dieser keramischen Tradition geht es auch in der zweiteiligen Arbeit »Das Wüten der Welt«. Hintergrund ist die Fragestellung, was auf den Handelswegen zwischen China und Europa im Zeitalter des Barocks transportiert wurde – neben den tatsächlichen chinesischen Porzellanen und Delfter Fayencen. Die Motive aus den unterschiedlichen Kulturkreisen wurden beispielsweis hin und wieder missverstanden. Kuriose Dekore auf erhaltenen Museumsstücken, wie eine unbekleidete Venus, die von zwei Chinesen betrachtet wird, legen Zeugnis von dem durchaus vorhandenen Konfliktpotential ab.

In »Das Wüten der Welt« sind die Arbeiten als Diptychon angelegt und beziehen sich mit zwei fast schon gespiegelten, figürlich anmutenden Gruppen kompositorisch aufeinander. Während die rechte Formation im vorherrschenden gebrochenen Weiß mit wenigen hervorscheinenden blauen Spuren mehr zu erahnen als zu sehen ist, tritt diese bei der linken Gruppe in kräftigerem Blau hervor. Die Malerei verharrt in einem Zustand der dem keramischen Prozess entspricht: Die Farbe des Dekors zeigt sich sowohl bei der Fayence als auch beim Porzellan erst im Glasurbrand; der Staffierer, also der Maler des Dekors, arbeitet mit in diesem Zustand weißlich-grauen Farben, die sich erst im Brennvorgang zu leuchtenden Tönen verändern. Auch die trockene Oberfläche der Malerei entspricht dem noch rauen Zustand der Keramik vor dem Brand.

Die dritte Gruppe, bei der Aspekte der Delfter Fliesen thematisiert und kompositorisch umsetzt werden, ist die ebenfalls zweiteilige Arbeit »Das Paradies ist Nebenan«. Ausgangspunkt der Kompositionen sind assoziierte intakte Fliesen. Während diese bei »Das Paradies ist Nebenan I« den gesamten Bildgrund bedecken und nur im unteren Drittel von einer freien blauen Form überspült werden, treten sie bei »Das Paradies ist Nebenan II« losgelöster im Hintergrund auf und scheinen sich zur Bildmitte hin wiederum in gekratzten Farbspuren als Bruchstücke aufzutürmen. Zusammengehalten wird diese Komposition von einer feinen, malerischen Rahmenlinie. Der Titel »Das Paradies ist Nebenan« lässt nun einige Gedankenspiele zu: Wörtlich genommen müsste aus der Position des einen Gemäldes das »Paradies« ja auf dem anderen zu finden sein und ebenso umgekehrt – ein unauflösliches Paradoxon entsteht. Und welches »Paradies« gemeint ist, bleibt ebenso offen.

Dr. Romana Rebbelmund

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